3.5.1    Übersetzung

Liebe Kameraden, 
erwerbt euch nun den himmlischen Lohn, 
die Gott, unser Herr, uns selbst verheißt. 
Er hat über alle Menschen Gewalt. 
Dient ihm um jenen Lohn, 
der den Glückseligen als unermessliche Freude für ewig dort (= im Himmel) versprochen ist. 
Ertragt für eine kurze Weile die Daseinsnot, 
um dadurch den ewigen Tod (der Seele) zu überwinden. 
Gott hat euch die Seele und auch den Leib gegeben, 
gebt ihr ihm euren irdischen Leib, das bedeutet für die Seele das ewige Leben. 

Minne, lass mich frei; 
lass mich deine Freuden einige Zeit entbehren, 
denn du hast mir ganz die Besinnung geraubt. 
Aber begegnest du mir wieder, 
sobald ich von heiligen Kreuzzug zurückkomme, 
dann sollst du mir (wieder) willkommen sein. 
Willst du aber gar nicht erst Abschied aus meinem Herzen nehmen, 
(was doch sicher unvermeidlich ist,) 
so führe ich dich mit mir in Gottes Land, damit er (=Gott) ihr (=der Herrin) die Hälfte des Lohnes gewährt.

'Ach', sprach die Dame, 
'wie viel Leid mir doch die Minne zugleich mit allen ihren Freuden bereitet. 
Was für ein Leid mir doch die Liebe antut. 
Du freudloser Leib, wie willst du dich bloß bewahren, 
wenn er in die Ferne zieht? 
Der, der dich immer so glücklich gemacht hat. 
Wie soll ich auf der Welt mit dieser Klage leben? 
Da muss mir jemand einen Rat geben. 
Wüsste ich mich nach beiden Seiten zu schützen! 
Noch nie war ich so in Not. 
Die Zeit naht, er will in die Ferne ziehen.'

Glücklich die Frau, 
die mit ihrer Liebe und Güte erreicht, 
dass man sie mit sich im Herzen über Land und Meer trägt. 
Auch ihren Mut wird jeder preisen, 
der überhaupt das Glück der Herzensliebe gewan. 
Denn sie hat daheim Schmerzen zu erdulden, 
wenn sie im Stillen an die Gefahr denkt, in der er schwebt: 
'Lebt mein Liebster oder ist er tot. ' 
Dann aber sagt sie:  'Möge Gott ihn zu sich nehmen,
für den er seinen irdischen Leib geopfert hat.'